Senioren, die stillen Verlierer der vierten Revolution.

Senioren, die stillen Verlierer der vierten Revolution.

Die Anzahl der Personen in der 60+ Generation steigt bis 2030 auf 25% (1). Die Pflege der Älteren und deren steigenden Kosten, vorwiegend bedingt durch die demografische Wandel geht einher mit der Zunahme von Depressionen, Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen oder auch Krebserkrankungen, was wiederum dazu führt, dass diese Personen zunehmend vulnerabler werden und teilweise zur Belastung für die pflegenden Angehörigen und die Gesellschaft. Damit einher gehen Multimorbidität, altersassoziierte Einschränkungen in der Mobilität, Sehkraft, Gedächtnisleistung, soziale Isolation usw. und auch Polypharmazie (2).

 

Im Bereich der „Silver Economy“, also den digitalen Gesundheitsdienstleistungen speziell für ältere Menschen erwarten Experten ein globales Wachstum 30 Milliarden Dollar in den nächsten Jahren. Am Markt erkennt man ein klares Umdenken im Hinblick auf die demografischen Veränderungen. Neue Marktteilnehmer, vor allem Start-Ups, konzentrieren sich dabei mehr auf das Anpassen von Standard-Software und etablierte Anbieter auf das Erstellen von Produkten, die speziell an die Bedürfnisse von Älteren angepasst sind (3). Es ist ein Markt, der laut Deloitte mit „lange Lunte, großer Knall“ in der Disruption Map beschrieben wird (4). Immer mehr tentieren Familien, Dienstleister und vor allem Senioren dazu, Technologien zu erwerben, die die Lebensqualität auf lange Sicht hin verbessern.

 

Nutzung digitaler Möglichkeiten unter Senioren

Immer mehr Amerikaner nutzen digitale Versorgungsangebote um Diagnosen, Kontakt zu einem Gesundheitsdienstleister und relevante Gesundheitsentscheidungen selbst zu treffen. Die Erhebung hat gezeigt, dass die angebotenen Hilfestellungen gerade bei jenen nicht ankommen, die den größten Vorteil ziehen könnten. Das wären die wirtschaftlich benachteiligten, Personen aus der ländlichen und jene aus dem digital wenig affinen Segment der Bevölkerung (5). Digitale Technik zur Verbesserung der Gesundheit erstreckt sich über eine breites Anwendungsgebiet und vielen unterschiedlichen Interventionsformen, die das Potential hätten, die Bedürfnisse einen zunehmend älter werdenden Bevölkerung zu decken.Senioren verlieren den Anschluss

  

Die Verwendung von digitalen Technologien im Gesundheitsbereich kommt eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Wissen, Unterstützung bei wirtschaftlichen Entscheidungen und wirtschaftlichen Wachstum, Sicherstellung von Gleichheit und Teilhabe von Personen an sozialen Veränderungen. Rund 80% der älteren Bevölkerung in Amerika hat zumindest eine chronische Erkrankung, zweidrittel hat zwei oder mehr chronische Erkrankungen. Regelmäßige Übungen stellen eine effektive Strategie zur Vermeidung von chronischen Erkrankungen und dessen Management, bei gleichzeitiger einfacher Integration in das tägliche Leben von älteren Personen.

Nur etwa rund 16% der älteren Amerikaner erfüllt die „Guidelines for aerobic and musclestrengthening, die die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) herausgegeben hat.

Digitale Innovationen im Gesundheitsbereich, beispielsweise Wearables, können fortlaufend dazu beitragen, die körperliche Aktivität zu messen und zu protokollieren. Auf Basis der Messdaten können Empfehlungen für weitere individuell angepasste Aktivitäten ausgesprochen werden, in den Tagesablauf integriert und so die Gesundheit des Einzelnen weiter verbessern.

Wearables erfreuen sich steigender Beliebtheit, während 2016 noch rund 150 Millionen Wearable-Produkte weltweit jährlich verkauft wurden, werden es 2020 in etwa 350 Millionen Stück sein.

Wearables und Fitness-Apps, die dabei helfen sollen, chronische Erkrankungen besser zu managen, werden hauptsächlich danach beurteilt, wie gut sie in der Lage sind, Kosten zu sparen und das Gesundheitssystem zu verbessern. Die Technik fördert zwar die körperlichen Aktivitäten, kann aber auch negative Emotionen bedingt durch altersbedingte Stereotypen fördern (6).

Durch die EU geförderten Projekte zur Verbesserung der digitalen Literacy zielen vielfach darauf ab, Personen die Arbeitsleben stehen zu fördern, um deren Qualifikation zu verbessern und Armut zu vermeiden. Wenig Berücksichtigung finden aber jene, die nicht mehr arbeitsfähig sind und alleine leben und andere Einschränkungen haben. Wären deren digitalen Fähigkeiten (e-skills) besser, so könnten diese zuhause eine aktiveres Leben führen, E-Commerce-Angebote und E-Banking nutzen, aktives Mitglied (e-included) der Social-Media-Generation.

 

Digitale Kluft

Früher bestand die digitale Kluft im Zugang zum Internet, heute hat der Begriff eine neue Bedeutung. Es ist heute mehr das fehlende Verständnis und die sachgerechte Nutzung des Internetangebotes wie beispielsweise im Bereich digitaler Gesundheitstechnologien. Es scheint, dass die ältere Bevölkerung immer öfter auf der falschen Seite der Kluft anzutreffen ist.

 

Das soziale Umfeld wirkt sich nicht genug positiv, unterstützend und motivierend für ältere Menschen aus. Aus ihrer Sicht ist es daher nicht notwendig, die digitalen Kompetenzen zu erweiteren, um mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten akitv in den sozialen Medien aufzutreten und die bestehenden digitalen Möglichkeiten im vollen Umfang zu nutzen. Weiterbildungsmöglichkeiten wie beispielsweise Kurse im Bereich der digitalen Literacy entsprechen zu wenig den Bedürfnissen der Senioren im Hinblick auf deren physischen Problemen wie hören, sehen, Perspektivenreichtum, Konzentration und anderen Veränderungen, die mit der Alterung einhergehen.

 

Wearables, deren Einrichtung, Design und beabsichtigte Implementierung in den Tagesablauf können für die 50+ Generation schnell zu einer großen Herausforderung werden. Oftmals entsprechen die verwendeten Smartphones (Stichwort – große Tasten) nicht dem neuesten Stand, was wiederum dazu führt, dass die verwendeten Tools nicht kompatibel sind und somit Probleme nach dem Download und dem Verbinden mit dem Armband auftreten.

Die angebotene Technologie richtet sich vorrangig an Jüngere. Die teils spärlichen Beschreibungen sind in einem Jargon formuliert (Bluetooth-Button drücken), die oftmals wenig Sinn für die Betroffenen ergeben. Hilfestellungen sind auf einfachem Weg nicht verfügbar oder abrufbar. Die Software selbst, richtet sich mit dem Design und den bestehenden Möglichkeiten, Zielsetzungen und Maßstäben kaum an eine Zielgruppe, die älter als 50 ist (7).Senioren und Rentner werden digital

 

Das Medical Futurist Institute hat dazu eine “Body Map of Digital Health Sensors“ auf seiner Homepage eingerichtet, dass eine Übersicht die vorhandenen Tracker im Gesundheitsbereich liefert. 

 

Weiterentwicklung im digitalen Gesundheitsbereich

In der Übersicht von Orlov (3) werden eine Vielzahl von Vorhersagen über die Weiterentwicklung im digitalen Gesundheitsbereich angeboten. Eine davon besagt, dass Ältere zunehmend mit den angebotenen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz experimentieren werden.

Die vorhandenen Produkte werden zudem nicht mehr alleine mit dem Ziel produziert, das Senioren diese Technik verwenden können. Es geht vielmehr darum, mit „senioren-bewusstem“ Marketing eine völlig neue Zielgruppe anzusprechen.

 

Sie beginnen von Smartphones zu Smart Speaker (z.B.: Echo Dot von Amazon) zu Smart Watches mit Notfallknöpfen zu wechseln. Diverse Apps zur Unterstützung in der Pflege kommen und gehen.

 

Während es 2009 noch notwendig war, in einem Auswahlmenü zu klicken und Wörter einzugeben, so läuft heute schon einiges über Spracherkennung ab. Körperliche Einschränkungen werden zunehmend durch technische Möglichkeiten ausgeglichen. Türglocken werden smart (Bewegungsmelder, Audiozugang, hochauflösende Optik, Fernzugriff mit Cloudverbindung, Apps usw.) und so wie viele andere Dinge des täglichen Lebens erleichtern sie das Leben der Senioren trotz chronischer Erkrankungen.

 

Die Zufriedenheit durch die Nutzung der angebotenen und zur Verfügung stehenden digitalen Technologien geht mit der Erwartung einher, einen persönlichen Vorteil zu erzielen, dessen Design und der damit verbundenen Unterstützung durch Gesundheitsexperten. Wenn diese Barrieren erkannt, verstanden und ernst genommen werden, dann besteht die Möglichkeit, dass mehr ältere Personen diese Leistungen in Anspruch nehmen und schlussendlich davon profitieren (8).

 

Unabhängig von den digitalen Errungenschaften und zukünftigen Trends wie beispielsweise der künstlichen Intelligenz, Automatisierung, Sprachsteuerungen wird die digitale Literacy immer ein wesentlicher Eckpunkt bleiben. Das Technologieverständnis der späteren Babyboomer, die heute in ihren späten 60ern oder frühen 70ern sind, ist nicht gleich gut, wie die der Digital Natives Generation.

 

Senioren auf dem Weg zum Erfolg

 

Die Erfahrung zeigt, dass Ältere manchmal zögerlicher sind, mehr Fragen stellen mehr Vorbehalte gegenüber den neuen Möglichkeiten haben. Es ist aber vergleichbar mit jeder anderen medizinischen Intervention, warum muss es gemacht werden und welchen Vorteil habe ich als Anwender (9)?

 

Breit angelegte Kursangebote in Australien („Be Connected“) beispielsweise zielen darauf ab, die Vertrautheit, die Fähigkeiten und damit einhergehende Sicherheit im Umgang mit der digitalen Technologie zu verbessern. Speziell adressiert an Personen über 50 mit geringer Digital Literacy. Die dafür zur Verfügung gestellten Hilfestellungen sind umfassend und kostenlos verfügbar (10).

 

Die kontinuierlich steigende Anzahl von Personen über 65 macht es unabdingbar, dass sich Mediziner, Wissenschaftler, Hersteller von digitalen Technologien und Entwickler zusammen mit dieser Zielgruppe Gedanken darüber machen, wie die digitale Kluft bestmöglich überwunden werden kann. Zweifellos ist es effizienter die Älteren stärker einzubinden (e-include) und diese im Umgang mit den zur Verfügung stehende Ressourcen zur Verbesserung des Wohlbefindens und Reduzierung der Ungleichheit zu befähigen.

 

Digitale Angebote müssen einfach gehalten, visuell ansprechend und leicht navigierbar sein, damit Senioren bestehende Angebote akzeptieren und in Anspruch nehmen. Sie werden dann eine für sie passende digitale Strategie entwickeln und zu einer fixen Größe unter den versierten Internetnutzern werden.

 

Literaturverzeichnis

  1. Statistik Austria. Demografische Prognosen. [Online] 9. Oktober 2012. [Zitat vom: 30. Juni 2019.] http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/demographische_prognosen/067546.html.

  2. Evangelista, L. und Steinhubl, S.R. & Topol, E.J. Digital health care for older adults. The Lancet. 2019, Bd. 393, 10180.

  3. Orlov, L.M. Age in place technology watch. Market overview technolog for older adults. [Online] März 2019. [Zitat vom: 30. Juni 2019.] https://www.ageinplacetech.com/page/market-overview-technology-older-adults.

  4. Deloitte Digital GmbH & Heads! Executive Consultancy. Überlebensstrategie "Digital Leadership". 2015.

  5. Day, S und Zweig, M. Rock Health. Beyond Wellness For the Healthy: Digital Health Consumer Adoption 2018. [Online] 2019. [Zitat vom: 30. Juni 2019.] https://rockhealth.com/reports/beyond-wellness-for-the-healthy-digital-health-consumer-adoption-2018/.

  6. Urban, M. 'This really takes it out of you!' The senses and emotions in digital health practices of the elderly. Digit Health. 2017, Bd. 13, 3, S. 2055207617701778.

  7. Zejelar, R., Zajdela, N. und Sumpor, M. SUSTAINTABLE DEVELOPMENT AND ACTIVE AGEING IN EU COUNTRIES – BRIDGES AND GAPS. Researchgate. [Online] März 2019. [Zitat vom: 30. Juni 2019.] https://www.researchgate.net/publication/331641098_SUSTAINTABLE_DEVELOPMENT_AND_ACTIVE_AGEING_IN_EU_COUNTRIES-BRIDGES_AND_GAPS.

  8. Curtis, K. und Price, K. Factors that influence older people's engagement with digital health technology. Nurs Older People. 30. November 2017, Bd. 29, 10, S. 27-30.

  9. Lorenzo, G. Forbes. Beyond Mobile Health Apps. [Online] 31. März 2019. [Zitat vom: 30. Juni 2019.] https://www.forbes.com/sites/nextavenue/2019/05/31/beyond-mobile-health-apps/.

  10. Australien Government. Be Connected - Every Australien online. [Online] [Zitat vom: 30. Juni 2019.] https://beconnected.esafety.gov.au/.

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Alexander Riegler, MPH, EMPH, BSc.

 

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